Tor zum Himmel, Tor zum Glauben
Zu sich finden im Gebet – bereits in der Antike haben sich Menschen auf den Weg gemacht, um eine Pilgerreise zu unternehmen, um ein religiöses Gebot zu erfüllen oder ein Gelübde abzulegen. Diese Reise, in früherer Zeit meist ins Heilige Land, nach Rom oder Santiago de Compostela, war getragen von der Hoffnung, dass die Gebete erhört werden. Die Pilger fühlten sich gestärkt im Glauben an die Göttliche Allmacht. Ziel einer Wallfahrt ist von alters her ein als heilig betrachteter Ort. Und so nimmt es nicht Wunder, dass die „Kirche auf der Wies“ bereits im 18. Jahrhundert ein herausragendes Wallfahrtsziel war. Die Wallfahrt als Weg zu Gott, als Weg zu sich selbst, sich zu finden im Gebet, Kraft zu schöpfen in einem spirituellen Umfeld – heute, in einer stressgeplagten Zeit, ist dies wichtiger denn je.

Wallfahrtskirche „Zum Gegeißelten Heiland auf der Wies“
Entstehung der Wallfahrt
Diese Wallfahrt entwickelte sich aus der Verehrung einer Statue des Gegeißelten Heilands, die 1730 von Pater Magnus Straub und Bruder Lukas Schweiger im Kloster Steingaden gefertigt und in den Jahren 1732 bis 1734 bei der Karfreitags-Prozession des Klosters mitgetragen wurde. Dann hat es der Abt, weil er es gar so erbärmlich fand, in eine Abstellkammer des Klosters verbannt. Einige Jahre später, 1737, hat sie der Tafernwirt in Steingaden für sich erbeten und von dort kam sie am 4. Mai 1738 in das Haus der Familie Lori in die Wies – in eine unwegsame, unbekannte Einöde. Knapp sechs Wochen später, in der Nacht zum 14. Juni 1738, der ein Sonntag war, entdeckte Frau Maria Lori Tränen im Gesicht des Gegeißelten. Man solle, so das Kloster auf die Mitteilung der Frau Lori hin, alles der „Göttlichen Anordnung“ anheimgeben.
Dieses Tränenwunder verbreitete sich dann wie ein Lauffeuer über die westliche Welt, Christen aller Herren Länder kamen, um zum Gegeißelten Heiland zu beten. Mehr und mehr Pilger und Wallfahrer kamen, um in tiefer Gläubigkeit das Bildnis des Heilands zu verehren. Dies machte den Bau einer kleinen Feldkapelle notwendig. 1744 wurde die Erlaubnis eingeholt, in dieser Kapelle die Messe zu feiern, womit die Wallfahrten den offiziellen Segen der Kirche erhielten.
Wallfahrt heute
Nun so will ich alles lassen,
auf die Wies zu Jesus geh‘n,
mich begeben auf die Straßen
und mit Freuden ihn anseh‘n.
Schönster Jesus auf der Wies,
der so voller Gnaden ist.
(Auszug aus einem alten Wallfahrtslied aus Franken)
Richtig erleben kann man die Wieskirche am besten zu Fuß – man muss sie sich erwandern, eben wallfahren. 20 Minuten oder 2 ½ Stunden – ganz individuell lässt sich der Weg nach eigener Konstitution planen (im Winter sind die Wege z. T. nicht begehbar). Nach vorheriger telefonischer oder schriftlicher Anmeldung ist es möglich, mit einem Priester die Heilige Messe zu feiern. Vorschläge für die Gestaltung eines Wallfahrtsgottesdienstes werden gerne unterbreitet. Auch eine eigene Wallfahrtsandacht kann – nach vorheriger Anmeldung – gehalten werden. Diesbezügliche Fragen werden unter der Tel.-Nr. 08862-93293-0 gerne beantwortet.

Jeden Dienstag, Mittwoch und Samstag wird um 10 Uhr eine Wallfahrtsmesse gefeiert. Am Sonntag sind die Gottesdienste um 8.30 und 11 Uhr.
Das „Fest der Tränen Christi“ wird jedes Jahr am Sonntag nach dem 14. Juni im Andenken an das „Tränenwunder“ mit einem Festgottesdienst gefeiert. Es stellt neben dem „Schutzengelfest“, welches an jedem ersten Sonntag im September und dem „Bruderschaftsfest“, welches an jedem zweiten Sonntag im Oktober gefeiert wird, eines der großen Wiesfeste dar. An diesen Sonntagen wird nur eine Heilige Messe gefeiert, nämlich um 10.00 Uhr.
Kirche „In der Wies“
„Hoc loco habitat fortuna, hic quiescit cor“ An diesem Ort wohnt das Glück, hier kommt das Herz zur Ruhe – so steht es in einem Fenster des Prälatensaales der Wies. Ruhe suchen, Ruhe finden, Ruhe zulassen. Ruhe als Ausdruck des Berührtseins, ehrfürchtige Ruhe für dieses besondere Gotteshaus, für die besondere Ausstrahlung dieses Heiligtums, Ruhe, die alle Saiten der Seele zum Schwingen bringt, Ruhe im Ankommen an einem Ort, wie er kaum schöner sein kann auf dieser irdischen Welt. Der Besucher steht und staunt über die Herrlichkeit und lauscht hinein in diese reiche Bilderwelt, welche ein Programm der Barmherzigkeit Gottes entwirft.

Die Wieskirche – ein Gotteshaus
Die Barmherzigkeit (Lateinisch: misericordia) öffnet ihr Herz fremder Not und nimmt sich ihrer mildtätig an. Wem es gelingt, hinein zu lauschen in das jubelnde Lied, das der große Baumeister Dominikus Zimmermann mit diesem harmonischen Kunstwerk angestimmt hat, der sieht die Wieskirche in strahlender Verehrung des Allmächtigen. Vater unser im Himmel…, Pater imôn o en tîs uranîs…, Abu-n d-ba-schm-ayo …,aba:-na: allazi: fi: al-sama:wa:t-i…, Vor Fader du som er i himlene …, Our Father which art in heaven …, Padre nuestro que estás en los cielos …
Vielfältig sind die Sprachen, die man in der Wieskirche vernehmen kann – Gott versteht sie alle. Vielfältig sind die Gebete, die vor den Herrn getragen werden: Lieber Gott, mache meine Mutter wieder gesund; lieber Gott, hilf mir bitte, zeige mir den richtigen Weg, den ich verloren habe; danke, Gott, dass ich in einem so schönen Land leben darf … So ist es zu lesen in den Chorumgängen der Wieskirche. Zettel liegen bereit, auf denen jeder sein Anliegen ausbreiten darf, denn Gott ist ein gütiger, ein barmherziger Gott, ER ist die Achse, um die sich die Welt dreht. Er hält alle Fäden in seiner führenden Hand, die er in der Figur des Gegeißelten in der Wies allen Menschen hinhält, so als ob er sagen möchte: „Du Mensch, vertrau mir doch, nimm meine Hand, ich führe dich sicher auf deinem Weg durchs Leben.“

Die Wieskirche – ein Ort der Begegnung
Frieden beginnt da, wo man sich begegnet, wo Zuneigung und Verständnis füreinander wachsen können. Unter diesem Leitgedanken ist die Wieskirche ein Ort der Begegnung für alle, die nicht nur an Kunst und Musik Freude haben, sondern auch – und noch viel wichtiger – eine zu Herzen gehende Liturgie mitfeiern möchten. Zu oftmals außergewöhnlichen Begegnungen kommt es auch auf dem Jakobsweg, der als historischer Pilgerweg direkt an der Wieskirche vorbei führt (ein Jakobsstempel ist an der Südseite der Wieskirche vorhanden).

Die Wieskirche – eine der schönsten Rokoko-Kirchen der Welt
Aus aller Welt kamen die Pilger, um das Gnadenbild des Gegeißelten Heilands auf der Wies zu schauen. Die kleine Kapelle, die noch heute am Parkplatz steht, und auch der später an diese Kapelle hinzugefügte hölzerne Anbau konnten die vielen Wallfahrer längst nicht mehr fassen, so dass Abt Hyazinth Gassner sich auf Drängen des gläubigen Volkes hin entschloss, eine große Wallfahrtskirche bauen zu lassen. Bereits 1745 erteilte er Dominikus Zimmermann den Auftrag zum Bau der Wallfahrtskirche. Für das Gnadenbild des „Gegeißelten Heilandes“ wurde die Wieskirche konzipiert und gebaut. Es bleibt anzunehmen, dass dieser, von tiefer persönlicher Frömmigkeit und pastoraler Sorge geprägte Abt und Theologe, das tiefsinnige theologische Bildprogramm der Barmherzigkeit Gottes entworfen hat. Er verstarb am 28. März 1745.
Am 16. Mai 1745 wurde Nachfolger Marianus II. zum Abt gewählt. Die offizielle Grundsteinlegung der Kirche – ein Teil des Prälatenhauses war zu diesem Zeitpunkt bereits gebaut – erfolgte am 10. Juli 1746. Abt Marianus Mayr realisierte schließlich den begonnenen kostspieligen Bau der „Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wiß“. Den Wessobrunner Brüdern Dominikus und Johann Baptist Zimmermann ist es gelungen, mit der Wieskirche ein Meisterwerk des Rokoko zu schaffen (1745 – 1754). Jeder Wieswallfahrer und jeder Wiesbesucher ist von diesem grandiosen Bauwerk in den Bann gezogen, nicht zuletzt auch vom harmonischen Licht, das die Baumeister eingefangen haben. Die Wieskirche ist eine der berühmtesten Rokokokirchen der Welt und wurde 1983 in die Liste der UNESCOWelterbestätten aufgenommen.

Die Orgel der Wieskirche
Dominikus Zimmermann hat den Klangkörper der Orgel in der Wies mit seinem Einfühlungsvermögen ohnegleichen in die Gesamtarchitektur eingefügt, indem der Rokokoprospekt das Oval des Raumes im Westen schließt. Die Orgel wurde 1757 von dem Orgelbauer Joh. Georg Hörterich aus Dirlewang bei Mindelheim erbaut. Nach mehreren Umbauten, zuletzt durch die Firma Claudius Winterhalter, Oberharmersbach, konnte sie im Jahr 2010 von Grund auf erneuert wieder geweiht werden. Sie verfügt über 42 Register auf drei Manualen.
Von der Hörterichorgel sind das Gehäuse, die Prospektpfeifen und noch ca. 400 weitere Innenpfeifen erhalten bzw. wiederverwendet. Sie ist als „Stilorgel“ im Sinne des süddeutschen Rokoko konzipiert. Die „Königin der Instrumente“ erklingt auch außerhalb der Gottesdienste im Rahmen der Reihe „Musik und Wort in der Wieskirche“. Zu dieser meditativen Kirchenmusik ist jeder herzlich eingeladen. Die Konzertreihen „Festlicher Sommer in der Wies“, „Musik im Pfaffenwinkel“ und weitere hochkarätige Kirchenkonzerte begleiten festlich durch das Kirchenjahr, stehen aber nicht in der Verantwortung der Wallfahrtskuratiestiftung. Das aktuelle Programm mit den Terminen ist der Homepage zu entnehmen: www.wieskirche.de
Katholische Wallfahrtskuratiestiftung
St. Josef – Wies
Wies 12, 86989 Steingaden
Tel. 08862/93 2 93-0
Fax 08862/ 93 2 93-10
www.wieskirche.de
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